... meine Rezensionen

Der Schein der Realität [Kindle Edition]

von Luca Fx

 

Klappentext und Kurzbeschreibung

Die junge Frau, namens Betzi, wacht im Auto neben ihrem Ehemann auf und ihr ist zuerst unklar, wo sie sich befindet. Nach und nach kommen die Erinnerungen zurück und die Tatsache, dass beide auf dem Weg zu einem alten Gasthaus sind, wird ihr bewusst. Doch in dem Gasthaus angekommen, erfährt die junge Frau eine Reihe von unheimlichen Dingen, die auf ein unvorhergesehenes Ende hinauslaufen. Eine spannende Kurzgeschichte im Stile eines Thriller, die den Leser in seinen Bann zieht und mit der jungen Betzi mitfiebern lässt.

 

 

Inhalt und Umsetzung

Die Kurzgeschichte "Der Schein der Realität" hat auf mich einen ansprechenden ersten Eindruck gemacht, denn es ist selten auf dem Kindle-Markt, dass (Jung-)Autoren Schachtelsätze verwenden, allerdings hätte ich mir hier und da einen Punkt gewünscht, nur damit ein Satz endlich ein Ende finden konnte, und meine grauen Zellen die lang ersehnte Pause bekamen, damit sie nicht in Streik treten würden.

Ist es Ihnen aufgefallen?

Ähnliche Wurmsätze werden in dieser Geschichte vom Autor verwendet. Hier biete ich ein paar Beispiele:

"Betzi öffnete langsam die Augen und spürte dabei leichte Erschütterungen, die ihren gesamten Körper von den Beinen bis hin zum Kopf durchzogen." [2. Satz]

"Verschlafen und geistig abwesend blcikte die junge Frau, Anfang zwanzig, um sich, stand noch neben sich und konnte keinen klaren Gedanken fassen, [hier hätte ich mir statt eines Kommas einen Punkt gewünscht] sie hatte geschlafen, wohl sehr lang, da sie in dem Moment nicht wusste, wo sie sich befand." [3. Satz]

Auch die wörtliche Rede stotzt vor langen Schachtelsätzen [so werden die Protagonisten "lediglich" zum "erweiterten Erzähler", und entwickeln kein Eigenleben]:

""Laut Karte müssten wir bald am Gasthaus angekommen sein, ich frage mich, ob das auch so zwischen den Bäumen liegt, wie dieser Waldweg. Es wird bestimmt ein schöner Kurzurlaub werden, für eine Zeit lang entfernt von der Stadt zu sein und nur die Natur um sich herum zu haben, das ist bestimmt schön.""

 

Geschrieben ist der Kurz-Thriller in der dritten Person Singular im Präteritum.

 

Kellnerin Betzi wacht im Auto neben ihrem Mann, dem Lieferanten, Andre auf und stellt fest, dass sie auf dem Weg zu ihren verspäteten Flitterwochen sind. Sie fahren zu einem alten, urig eingerichteten Gasthaus, welches von eigenartigen Leuten geführt wird.

 

Die Orthographie zeigt ein paar Schwächen - allem voran in der Groß- und Kleinschreibung:

"Kostensenkenden Maßnahmen"

"[...] ein leichtes klicken war zu vernehmen, [...]"

"[...] schon beim betreten des Raumes [...]"

"[...] die zum bleiben einlud."

 

Zudem hat der Autor eine Vorliebe für das Wort "sodass", welches der Duden ganz entschieden getrennt haben möchte ("so dass").

Die Interpunktion ist manchmal ebenfalls fehlerhaft. Dazu kommt noch mein ganz persönlicher Wunsch nach Punkten anstatt Kommata.

Manchmal finden sich überzählige Leerzeichen. Die "drei Punkte" werden vom Autor nicht - wie es richtig wäre - mit einem Leerzeichen eingeleitet. Zwei Mal werden sie nur mit "zwei Punkten" geschrieben: "In Ordnung, ich.. ich komme gl.. gleich [...]"

 

Die Grammatik wirkt mitunter gequält und der Satzbau gesteltzt. Der Text scheint mir künstlich aufgeblasen und verschnörkelt. Leider ist der Autor damit (meiner Meinung nach) überfordert. Er wählt (oftmals passive) und höchst eigenartige Formulierungen:

"[...] ließ Betzi nach und nach den Rest der Müdigkeit entschwinden, sodass sie nach kurzer Zeit nachezu hellwach war und versuchte, in der Umgebung nach Anhaltspunkten zu suchen, um zu wissen, wo sie sich nun befand."

"[...] kam es Betzi dann fragend über die Lippen."

"[...] fragte Andre mit einem aufgesetzten Lächeln."

""Wir sind die Gäste Betzi und Andre, wir hatten ein Zimmer bei Ihnen gebucht.", schoss es Andre heraus." [Stellt man sich in einem Gasthaus mit Vornamen vor?]

"[...] ließ Betzi mit leicht wütender Stimme verlauten"

"Betzi schaute ihn darauf an und guckte nur ungläubig."

"[...] schmatzte dabei in Betzis Augen widerwärtig[...]"

 

Das Layout ist der nächste Kritikpunkt: zwar wird ein Blocksatz verwendet, aber Herr Fx verzichtet weitestgehend darauf, Absätze zu bilden. Das ermüdet nicht nur - das nervt (jedenfalls mich).

 

Dann kommen noch Unmengen unnötiger Beschreibungen und Erklärungen dazu. So wird zu Beginn über eineinhalb Seiten berichtet, dass die Protagonistin ihren "echten" Vornamen Betina - den sie von ihrer Mutter erhalten hat - nicht leiden kann. Sie bevorzugt es, Betzi genannt zu werden. Da wäre weniger mehr gewesen. Danach wird ausgiebig auf die Berufe der beiden Protagonisten eingegangen. Zudem erklärt der Autor noch die Familiensituation eines von Betzis Kollegen.

Die Beschreibung des Gasthofes ist ebenfalls derartig langatmig, dass ich mich immer wieder dabei erwischt habe, mit den Gedanken abzuschweifen. Ich war mehr als einmal gezwungen, eine Seite zurückzublättern und mich wieder in den Text hineinzunötigen.

 

Leider führt alles zusammengenommen dazu, dass ich keinerlei Atmosphäre verspürt habe. Auch die Auflösung der Geschichte - unter weniger ausschweifenden und ermüdenden Bedingungen sicher spannend - hat mich nicht vom Hocker gerissen.

 

Es bleibt eine orthographisch recht ordentliche Kurzgeschichte, die an fehlenden Absätzen, zu gekünstelten Satzukonstruktionen, viel zu ausschweifenden Beschreibungen und eigenartigen Formulierungen krankt.

Also meins war diese Geschichte nicht.

Ich muss jedoch einräumen, dass viele meiner Kritikpunkte vom individuellen Geschmack abhängig sind.

 

 

Fazit

In meinen Augen zu langatmig, zu künstlich und zu detailverliebt - da könnte meiner Meinung nach noch einiges eingekürzt werden.