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Die Harley [Kindle Edition]

Benedikt Behnke

 

Klappentext / Kurzbeschreibung

Das ist "Die Harley": Ein Vater verliert seinen Sohn. Ein Ehemann die Ehefrau. Und eine Maschine beginnt zu leben.
"Die Harley" ist eine Kurzgeschichte im Stil von Stephen King, die jeden Fan an "Christine" erinnern wird. Allerdings sind die Parallelen unbeabsichtigt, die Geschichte ist eine gänzlich andere. Im Gegensatz zu "Christine" ist die "Die Harley" nur als Halbzeit-Schocker angelegt, sozusagen bloß für Zwischendurch. Dennoch ist die Geschichte nicht minder mitreißend und in ihrer Kompaktheit umso eindrücklicher.

 

 

Inhalt und Umsetzung

Es hätte den Hinweis in der Kurzbeschreibung nicht gebraucht, denn die Parallelen zu Stephen Kings "Christine" sind unverkennbar.

"Die Harley" ist ein besessenes, mordendes Stück lebloses ... äh ... höchst lebendiges Metall. Während "Christine" als 58er Plymouth Fury ein Kultfahrzeug auf vier Rädern war, ist die namenlose Harley ein Kultfahrzeug auf zweien.

 

Ich kenne bereits die drei anderen Kurzgeschichten von Benedikt Behnke, welche zur Zeit (Stand: 28. Okt. 2012) auf Amazon angeboten werden (vgl. entsprechende Rezensionen) und war daher neugierig, was er dieses Mal zu bieten hat.

 

Die Handwerklichen Aspekte sind wie immer stimmig: Orthographie, Interpunktion, Grammatik sowie Layout (Blocksatz) sind nahezu fehlerfrei (vgl. Zitate). Geschrieben ist diese Erzählung in der dritten Person Singular im Präteritum.

 

Worum geht es?

Der neunzehnjährige Tim, frisch den Führerschein in der Tasche, bekommt von seiner Mutter Anastasia besagtes Motorrad geschenkt und macht sich gegen den Willen des Vaters Ebbo auf den Weg zu einer Spritztour.

Während der Filius unterwegs ist, macht sich der besorgte Ebbo Gedanken darum, ob sein Bauchgefühl bezüglich der Harley berechtigt ist und auch darum, ob sein Sohn nicht eventuell ein Kuckuckskind sein könnte.

 

Der Plot ist in Ordnung, wenn auch etwas flach, die Auflösung dem Genre entsprechend, die Spannungskurve hält sich in Grenzen.

 

Warum ich die Geschichte dennoch mag?

Es ist die Ausdrucksweise.

Herrn Behnke gelingt es durchgehend und (soweit ich beurteilen kann) ohne Stilbrüche eine leicht angestaubte, etwas melodramatische Sprache zu wählen, die eine düstere, bedrohliche Atmosphäre schafft.

"Ebbo hob beruhigend die Hand, aber sein Gesicht verzerrte sich. Er fürchtete die Harley, fürchtete ihren Klang und das garstig glühende Auge ihres Frontstrahlers."

"Tränen netzten seine Wangen."

""Dein Sohn?" Er [Tim] lachte. "Mum hat's mit vielen getrieben! Verpiss dich!" Tim wandte sich ab, gab Gas und schoss davon ehe Ebbo einschreiten konnte."

"Angst hatte seine Stimme brechen, seinen Mut sinken lassen."

"Er ballte die Hand zur Faust, ließ sie hart auf den Trottoir krachen." (Wobei es "das Trottoir" und nicht "den Trottoir" heißen müsste.)

"Tim war nicht faziniert, sondern fantasiert." (Hier könnte es der Autor etwas übertrieben haben.)

Ich sagte ohne Stilbrüche, obwohl sich Tim - wie oben zititert - in Beschimpfungstiraden ergeht, denn das gehört zu seiner Figurenzeichnung und kommt außerhalb der wörtlichen Rede nicht vor.

Sorgfältige Arbeit dieser Art finde ich lobenswert. Ganz besonders auf dem Kindle-Markt.

 

Die wörtliche Rede an sich wird eher spärlich eingesetzt, was mich diese Kurzgeschichte als Horror-Erzählung bezeichnen lässt.

 

(Achtung: SPOILER)

Wie oben angedeutet, gibt es einen finalen Twist, der allerdings schon fast zwingend konsequent diese Geschichte abrundet - wer also auf Blut und Gemeinheiten steht, wird seine Freude haben. Ein anderes Ende hätte mich persönlich wahrscheinlich gestört. (ich habe es an anderer Stelle schon einmal erwähnt: ich steh auf fies.)

(SPOILER ENDE)

 

 

Fazit

Sprachlich und handwerklich ausgereifte Horror-Erzählung