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Juni (Dynamik von Glühwürmchen) [Kindle Edition]

von L. Kolloff

 

Klappentext / Kurzbeschreibung

Junis Mutter ist gestorben und sie muss nun, ein Jahr vor ihrem Abitur, zu ihrem Vater, in eine kleine Stadt ziehen. Juni graut es vor einem Jahr voller Langeweile in der Einöde und Spießigkeit einer Kleinstadt. Doch dann lernt sie Channelle und ihren Freund Mael kennen, die ihr eine unbekannte Welt voller fantastischer Orte und skurieler Wesen eröffnen. Aber auch diese Welt ist im Begriff sich zu verändern und der Schatten schrecklicher Ereignisse breitet sich aus.

 

 

Inhalt und Umsetzung

Vorbemerkung: es geht mir nicht darum, die Autorin zu "dissen" oder unangemessen zu belehren - aber es handelt sich bei diesem Werk um ein bei Amazon zum Kauf angebotenes Produkt. Und daher finde ich, dass einige Minimalansprüche gestellt werden dürfen.

 

Ich weiß gar nicht wo ich anfangen soll ...

Wohl am Besten mit dem Titel. Also wenn es keinen zwingend künstlerischen Grund dafür gibt, dass er so gewählt wurde, wie er gewählt wurde, dann wäre die richtige Alternative "Glühwürmchendynamik".

 

Dann das Cover: eine deutlich lesbarer Text zwischen all den Zweigen des (zugegebenermaßen hübsch fotografierten) Baumes wäre keine schlechte Idee. Ich weiß zwar, dass da was steht, aber auch nur, weil sich die Seite in der Leseprobe erst groß aufgebaut hatte. Sonst hätte ich die Schrift glatt übersehen.

 

Zudem braucht das Manuskript (ich will gar nicht erst von Novelle, geschweige denn von Roman sprechen) dringendst ein Lektorat!

Ich hatte mir eigentlich vorgenommen, die schlimmsten Fehler aus der Leseprobe herauszugreifen und zu verbessern. Nicht um die Autorin bloßzustellen - sondern um ihr Verbesserungsvorschläge zu liefern, an denen sie sich entlang hangeln kann. (Über die Autorenseite ist sie nämlich nicht zu kontaktieren.)

 

Aber was soll ich sagen? Hätte ich mein Vorhaben in die Tat umgesetzt, wäre diese Rezension viel zu lang geworden. Und hätte zudem zu sehr das "Geschmäckle" von Klugscheißerei bekommen (und um es noch einmal zu erwähnen: das ist hier nicht meine Intention). Also werde ich mich nur auf die gröbsten Schnitzer beschränken, welche bis 10 % des E-Books aufgetaucht sind.

Beispiele:

"Amelies einsame Gehirnzelle wurde offenbar von einem Bedürfnis nach höfliche Konversation in seiner Ruhe gestört.."

Es wäre das Bedürfnis nach höflicher Konversation gewesen. Und zwei Punkte wären auch nicht nötig, den Satz zu beenden. Einer reicht.

"Irgendwann, nach gefühlten siebzig Stunden änderte sich die Umgebung."

Wieso gefühlte siebzig Stunden? Hätte es nicht die übliche "gefühlte Ewigkeit" genauso gut getan? (Zumindest hätte die mich nicht verwundert innehalten lassen.)

"Die Sonne war um sie herum gewandert, gesunken und strahlte ihnen nun frontal ins Gesicht."

Entweder sie ist gesunken, oder sie strahlt ins Gesicht. Um einer Verwirrung vorzubeugen hätte es gereicht, ein "weiter" einzufügen. Und "frontal" ist zwar inhaltlich sicher richtig - klingt aber seltsam.

 

Auf die Interpunktionsfehler werde ich nicht im Detail eingehen. (Diesbezüglich sollte ich mich selbst ohnehin nicht zu weit aus dem Fenster lehnen.) Nur so viel: die Unmenge an vermeidbaren Fehlern, die mir unter diesem Gesichtspunkt aufgefallen sind, stören den Lesefluss und machen es notwendig, dass man Sätze mehr als einmal liest, um verstehen zu können, was die Autorin eigentlich sagen wollte.

 

Die Autorin hat ganz offensichtlich ein Synonymwörterbuch zu Rate gezogen. Ein wirklich löblicher Ansatz. Wenn denn die herausgesuchten Ergebnisse einen näheren Sinn hätten - und den Text nicht unfreiwillig komisch klingen ließen:

"Das Haus ihres Vaters war riesig, beinahe feudal.

Sie wusste, dass Theo Geld hatte, aber dies übertraf ihre Mutmaßungen."

Über feudal kann man sich streiten. Aber Mutmaßungen hätten gerne durch "Vermutungen" oder "Befürchtungen" ersetzt werden können.

"Die Stille, die die Hitze mir sich brachte, wurde von Grillen kontaminiert und allmählich stieg die Dämmerung aus den Feldern."

Nun, statt "mir" gehört da ein "mit" in den Text (aber das nur am Rande). Dann kontaminieren die Grillen die Stille ... man mag es als künstlerische Freiheit auslegen - aber ich persönlich musste über den Ausdruck breit grinsen. Und das (leider) nicht, weil mir die Wortwahl positiv aufgefallen wäre.

"Als Juni schließlich eine ationale Reife erreicht hatte, die eine Konversation außerhalb von Silben die auf i endeten erlaubte, war es wiederum Juni die kein Interesse an näherem Kontakt zu Theo wollte."

Puh ... es ist sicherlich eine rationale Reife gemeint. Und Silben die auf -i enden. Und höchstwahrscheinlich wollte die Autorin mitteilen, dass Juni kein Interesse an näherem Kontakt zu Theo hatte. Die Interpunktion lasse ich an dieser Stelle außen vor. Aber selbst wenn ich über diese "Kleinigkeiten" hinweg sehe, klingt der Satz einfach gestelzt und viel zu verkrampft.

Dies sind nur ein paar Beispiele.

 

So. Nachdem ich das jetzt alles von der Seele habe, möchte ich endlich auf die Geschichte zu sprechen kommen:

Eigentlich überflüssig es zu erwähnen, aber ich tue es trotzdem: durch die Masse an Fehlern ist keinerlei Fluss im Manuskript. Die Wortwahl erinnert stark an eine Jugendliche, die ihre ersten Schritte ins Leben und aufs (virtuelle) Papier wagt.

 

Zunächst fällt der eigentümliche Name der 18jährigen Protagonistin ins Auge: Juni. An den musste ich mich erst einmal gewöhnen.

Sie ist ... wie soll ich sagen? Sie verhält sich ihrem Alter entsprechend. Sie ist vorwitzig (böse Zungen könnten aber auch sagen: arrogant), sie lästert offenbar gerne, und kann mit Amelie, der neuen Ehefrau ihres Vaters Theo, so gar nichts anfangen.

Junis Mutter ist verstorben und daher muss sie für einige Zeit - bis sie ihr Abitur in der Tasche hat - in "die kleine Stadt am anderen Ende des Landes" ziehen, in dem ihr Vater in einer prozigen Villa wohnt. Da frage ich mich doch spontan, ob dieser Schulwechsel eventuell den Abschluss gefährden könnte. Aber sei es drum. Als Aufhänger für die Geschichte reicht es vollkommen aus.

 

Komme ich zu den Stärken des Manuskriptes:

Die Autorin lässt hier und dort einen feinen Sinn für Humor durchblitzen.

So verteilt Juni offenbar mit wachsender Begeisterung "Kosenamen" für ihre Mitmenschen. Ganz besonders hat es dabei Amelie getroffen, die von Juni gern und ständig "Schaf" genannt wird. Das halte ich für einen charmanten Einfall.

Zudem ist Juni in der Lage, (einigermaßen) angemessen über ihre Umwelt zu reflektieren. Finde ich gut.

Die Idee mit Junis neuen Freunden Channelle und Mael ist interessant, die Einführung der beiden Charaktere zudem hübsch umgesetzt und mal etwas anderes.

Auch das Wechseln in die andere Welt ist nett gemacht. Der zu Grunde liegende "Mechanismus" zeugt davon, dass sich die Autorin Gedanken dazu gemacht hat.

 

Dennoch konnte ich mich nicht (vollkommen) in die Geschichte hinein versetzen. Geschweige denn sie genießen. Mag es an den Fehlern liegen, mag es daran liegen, dass ich mir mehr Tiefe gewünscht hätte ... das kann ich nicht mit Bestimmtheit entscheiden.

 

So wie ich es verstanden habe, ist eine Fortsetzung geplant. Auch wenn mich interessiert, wie es weiter gehen wird, würde ich mir jedoch viel dringender wünschen, dass zuvor die unzumutbare Fehlerrate in diesem Manuskript ausgebessert wird. So wie es im Moment angeboten wird, ist es (handwerklich betrachtet) ein einziges Ärgernis.

 

Liebe Autorin: suchen Sie sich bitte jemanden, der Ihr Manuskript angemessen lektoriert!

 

 

Fazit

Die Geschichte ist für ältere Teenager und junge Twens sicherlich genau das Richtige und hat durchaus vielversprechende und humorvolle Ansätze.

Aufgrund der genannten Schwächen kann ich sie jedoch niemandem guten Gewissens weiterempfehlen. Sorry.