... meine Rezensionen

Der Übergang

von Justin Cronin

 

Klappentext

Something is coming ...

Das Mädchen Amy ist gerade einmal sechs Jahre alt, als es von zwei FBI-Agenten entführt und auf ein geheimes medizinisches Versuchsgelände verschleppt wird. Man hat lange nach Amy gesuscht: der optimalen Versuchsperson für ein mysteriöses Experiment, das nichts Geringeres zum Ziel hat, als Menschen unsterblich zu machen. Doch dann geht irgendetwas schief - völlig schief. Von einem Tag auf den anderen rast die Welt dem Untergang entgegen. Und nur eine kann die Menschheit vielleicht noch retten: Amy Harper Bellafonte.

 

 

Inhalt und Umsetzung

Um es gleich zu sagen: "Der Übergang" ist ein verdammt dicker Wälzer von 1013 Seiten. Diese Tatsache (denn ich liebe dicke Wälzer) und auch die ansprechende Umschlagsgestaltung haben mich immer wieder im Buchladen meines Vertrauens vor dem Regal innehalten lassen. Und irgendwann habe ich es mir gekauft - und das obwohl ich noch mehr als genug anderen Lesestoff mein Eigen nannte.

 

Was ich damals noch nicht wusste:

Ich habe quasi zwei Bücher erstanden. Denn Der Übergang startet in einer nicht allzu fernen Zukunft, macht dann einen deutlichen Bruch, und fährt erst tausend Jahre später fort.

 

Der erste Teil umfasst knapp 340 Seiten und erzählt, wie Amy in die Fänge des FBI gerät. Währenddessen werden einige Nebencharaktäre eingeführt, die wahlweise versuchen das Mädchen zu beschützen oder es einzufangen. Da wäre zum Beispiel die sympathische Nonne, die Amy sofort in ihr Herz schließt, als diese von ihrer Mutter schlichtweg ausgesetzt wird. Dann gibt es noch den Agenten Wolgast, der eigentlich auf Seiten der Experimentierer steht - sich dann aber anders entscheidet. Darüberhinaus erfährt der geneigte Leser, dass Amy nicht die einzige ist, an der das FBI gesteigertes Interesse hat. Menschliche Versuchskaninchen kann man eben nicht genug haben ... und wie wir spätestens seit Mary Shelleys Frankenstein wissen, haben künstlich erschaffene Kreaturen so ihre Tücken.

Cronin gelingt es die Haupt- und Nebenfiguren lebendig zu gestalten und sie dem Leser näher zu bringen.

Und dann lässt er sie sterben wie die Fliegen.

Interessant.

 

Der zweite Teil ist leider weitaus weniger lebendig. Um nicht zu sagen: Öde wie die Welt, in der sich eine Handvoll Menschen ein halbwegs erträgliches Leben erhalten will.

Sie alle werden bedroht. Von den Jumps - Cronins Variante der allseits bekannten (und dank der Bis(s) ich mich übergebe - Reihe beliebten) Vampire.

Die übriggebliebene menschliche Population kann sich an die Vergangenheit der Spezies Homo sapiens nur unzureichend erinnern und tappt diesbezüglich mitunter recht niedlich im Dunkeln. Cronin legt seinen Fokus auf eine winzige Stadt mitten im Nirgendwo, die sich eine Art Kastensystem geschaffen hat, um das Überleben zu sichern. Ich fühlte mich recht häufig an den Herren der Fliegen erinnert, da es vor allem die jungen Leute sind, die das System am Laufen halten.

 

Die bereits erwähnten Jumps sind ebenso lichtempfindlich wie ihre klassichen Vettern, daher brennt des Nachts über der kleinen Stadt stets eine heimelige Kerze ... äh ... nee ... Entschuldigung: ein gleißendes Flutlicht. Ungünstigerweise droht die Stromversorung zusammen zu brechen.

In diese Situation (die übrigens gefühlte 500 Seiten lang beschrieben wird) platzt ein unbekanntes Mädchen, das jegliche Erinnerung an ihre Vergangenheit verloren oder verdrängt hat. Ein Schelm, der denkt, dass endlich ...

 

Oh, hatte ich erwähnt, dass Amy, die angepriesene Protagonistin des Buches, einen gewissen Seltenheitswert entwickelt? Sie taucht erst spät wieder in der Geschichte auf und wird in einer turbulenten Flucht von einer Gruppe Teenies mitgeschleppt.

Dann geht die Langeweile erst so richtig los. Es werden verlassene Orte aufgesucht, es wird gestorben, es wird durch die Pampa gestiefelt.

 

Nun. Mehr möchte ich an dieser Stelle nicht verraten - wäre ja noch schöner, dass ich alleine mit diesem Werk gequält werde.

 

Naja. Ganz so schlimm ist es nicht. Die Ansätze sind geistreich. Das politische System der Stadt ist stimmig. Die Bedrohung ultimativ. Und die Einsamkeit fast greifbar.

 

Nur ... Cronin hats einfach nicht drauf spannend zu erzählen!

Hätte der erste Teil des Buches für sich allein gestanden, dann hätte ich gesagt: fein gemacht. Netter Roman.

Aber so?

Der zweite Teil ist überfrachtet mit Charaktären. Es tauchen so viele Personen auf, dass ich nach kurzer Zeit die Übersicht verloren habe. Also habe ich mehrfach zurückgeblättert und mir wirklich Mühe gegeben, mir jeden zu merken. Und wofür? Damit Cronin seine vermeintlichen Haupt- und offensichtlichen Nebencharaktäre wahlweise verschwinden, sterben oder auswandern lässt.

 

Ich könnte mich darüber endlos auslassen - denn dieses Gefühl hatte ich bei der Lektüre des Überganges: dass es einfach nicht aufhört.

 

Hatte ich erwähnt, dass Cronin in Harward studiert hatte und jetzt englische Literatur unterrichtet? Das ist doch mal ein Lichtblick: zumindest ist er kein Journalist! Dafür hat er es irgendwie versäumt, das was er (hoffentlich) lehrt in seinem Roman zu verwenden.

Was gibt es noch zu sagen? Der Autor hat vier Jahre an seinem Werk gearbeitet. Oh, und (welch Überraschung) es sind Fortsetzungsromane geplant.

 

 

Fazit

Es hätte etwas werden können. Es hätte eventuell ein neuer "schwarzer Turm" werden können. Hätte ... können.

Hat aber nicht!